Textstudio Monika Lustig Karlsruhe

04.05.2014 — 19:00 Hans Christoph Buch: Nolde und Ich. Ein Südseetraum

Im Herbst 1913 nahm der Maler Emil Nolde mit seiner dänischen Frau Ada an einer vom Reichskolonialamt veranlassten Expedition nach Neuguinea teil. Die nach Grönland zweitgrößte Insel der Erde gehörte seit 1884 zu einem Viertel als „Kaiser-Wilhelms-Land“ zum Deutschen Reich. Auf den Spuren Gauguins und seinen (Farb)Paradiesen wandelnd war er als ethnographischer Zeichner bereits auf der Zugreise durch China, ganz schwarzweiß, „erschüttert vom Elend der Wanderarbeiter“ (was heute unverändert ihm noch immer naheginge).

„Das Kolonisieren war eine brutale Angelegenheit und wenn eines Tages die Geschichte neu geschrieben würde, müssten die Europäer mit all ihren Humanitätslehren sich in Höhlen verkriechen“, notierte Nolde später, als er auf dem Dampfer Waldemar plötzlich einer Horde Ureinwohner gegenüberstand, die gewaltsam verschleppt, auf Schiffe verladen, weil deutsche Pflanzer Arbeitskräfte brauchten. „Die dunklen, schreckhaft geweiteten Augen der Menschen, aus denen Unverständnis und blankes Entsetzen über den Untergang ihres Volkes spricht“. So Buchs Fazit von Noldes Reise.

Knapp 100 Jahre war später war der Schreibende, (mit einer Gruppe Ornithologen) dem Malenden nachgereist. Das ‚Und‘ in Nolde und Ich ist kein Füllsel, sondern eine Art lymphatische Verbindung, die auf räumlich-materielle Weise die Grenzen der Zeit verwischt. Rund wird der Südseetraum, wenn er mit lebhafter Sympathie eine dritte Geschichte in den Traum einflicht: die von der männerfressenden Queen Emma (1850-1913), Königin der Südsee, märchenhaft reich durch unternehmerisches Geschick und vollausgelebte Weiblichkeit. Allem stellt Buch das Motto voran „Ja, so etwa könnte es gewesen sein, aber nein, so war es nicht.“

Wenn der Anblick der „Wilden“ bei Nolde einen Schaffensrausch auslöste und er endlich zu seinem künstlerischen Stil fand – so beschreibt Buch auf seiner Entdeckungsreise durch Papua-Neuguinea, die Stadt Rabaul, das fremde Land, mit sezierendem Blick und einer gewissen Portion Sarkasmus jene neue Rasse von „Wilden“: Die auf der Suche-nach-sich-selbst-Reisenden. Durchaus ein kritischer Diskussions-Ansatz für Südwärts-um-die-ganze-Welt.

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